Studienname: SIOPEN
Internationale Studie zur Verbesserung der Heilungschancen bei Hochrisiko-Neuroblastom bei Kindern und Jugendlichen durch Optimierung der einzelnen Behandlungsphasen
Kurzbeschreibung
Das Neuroblastom ist eine bösartige Krebserkrankung des Nervensystems und stellt die zweithäufigste Krebserkrankung im Kindesalter dar. Die aktuelle Standardbehandlung sieht eine Kombination aus Chemotherapie, Operation und/oder Strahlentherapie vor und kann in bestimmten Fällen durch weitere Therapieverfahren ergänzt werden. Das Ziel der SIOPEN-Studie ist es, die Wirksamkeit von Induktions- und Konsolidierungschemotherapien sowie Strahlentherapien bei Patient*innen mit Hochrisiko-Neuroblastomen zu untersuchen. Teilnehmen können Patient*innen bis 21 Jahre mit Hochrisiko-Neuroblastom, auch wenn zusätzliche Risikofaktoren oder Genveränderungen wie eine MYCN-Amplifikation vorliegen, je nach Studiengruppe können zusätzliche Teilnahmevoraussetzungen vorliegen.
Ablauf der Studie

Vorbedingungen

Diagnose:
Neuroblastom

Therapielinie:
Erstlinie / bisher keine Therapie

Alter: 0 bis 21

Kriterien:
Hochrisiko-Klassifizierung; unbehandelt

Zuordnung

Randomisierung

Durchführung

RAPID COJEC-Schema

GOPH-Schema

Busulfan-Melphalan (Bu-Mel)

Busulfan-Melphalan (Bu-Mel) + Thiotepa

Intensivere Doppel-Hochdosistherapie

Hochdosierte Bestrahlung mit insgesamt 36 Gy (21.6 Gy + 14.4 Gy boost)

betrifft nur die Kinder, bei denen nach Chemotherapie und Operation noch sichtbarer Tumor vorhanden ist.

Standardbestrahlung mit 21,6 Gy

betrifft nur die Kinder, bei denen nach Chemotherapie und Operation noch sichtbarer Tumor vorhanden ist.

Beobachtung

36 Monate

Studienbeschreibung
Ein Neuroblastom ist ein bösartiger Tumor des Nervensystems, der meist Kleinkinder betrifft. Es entsteht aus unreifen Nervenzellen, die sich normalerweise im Laufe der Entwicklung zu funktionierenden Nervenzellen oder Nebennierenzellen weiterentwickeln. Bei einem Neuroblastom kommt es jedoch zu einer Fehlentwicklung dieser Zellen, die ein unkontrolliertes Zellwachstum und Bildung eines Tumors zur Folge haben kann. Man findet den Tumor meist im Bauchraum, vor allem in der Nebenniere, aber auch entlang der Wirbelsäule, im Brustkorb oder Hals. Die Beschwerden hängen dabei stark von der Lokalisation des Tumors ab. Neuroblastome können sehr unterschiedlich verlaufen: Manche verschwinden von selbst, andere wachsen schnell und bilden Tumorabsiedlungen (Metastasen) in Knochen, Knochenmark, Lymphknoten oder der Leber. Die Behandlung von Patient*innen mit Neuroblastom richtet sich nach ihrer individuellen Krankheitssituation und der Wahrscheinlichkeit eines Krankheitsrückfalles (Rezidiv). Die Patient*innen werden daher zu Beginn der Behandlung einer bestimmten Risiko- oder Therapiegruppe zugeordnet. Die aktuellen Behandlungsrichtlinien sehen eine Einteilung in drei Therapiegruppen vor: niedrige Risikogruppe, mittlere Risikogruppe und Hochrisikogruppe. Für jede dieser Therapiegruppen gelten unterschiedliche Therapiepläne. Auf diese Weise kann eine individuell auf die Patient*innen abgestimmte, risikoangepasste Behandlung erfolgen. Bei Hochrisiko-Neuroblastomen liegen bestimmte Genveränderungen, wie beispielsweise eine MYCN-Amplifikation, vor. Die meisten Patient*innen mit Neuroblastom werden im Rahmen von klinischen Studien behandelt, d. h. es kommen viele verschiedene, studienspezifische Therapieschemata zur Anwendung. Behandelt wird ein Neuroblastom aber meist mit einer Kombination aus einer Induktionschemotherapie und eventuell Operation und/oder Strahlentherapie. Für die Induktionschemotherapie bei Hochrisiko-Neuroblastomen kommen meist zwei Therapieschemata in Frage: RAPID COJEC und GPOH-Standard. Sie unterscheiden sich in Dauer, Intensität und Art der Medikamente. RAPID COJEC ist kürzer und sehr intensiv, mit wenig Erholungspausen. GPOH ist länger, dafür möglicherweise verträglicher. Als Konsolidierungstherapie folgt dann meist eine Hochdosis-Chemotherapie mit Busulfan-Melphalan (Bu-Mel) und eine Stammzelltransplantation. In den meisten Fällen schließt sich eine Erhaltungstherapie mit Immuntherapeutika an, um das Risiko eines Rückfalls zu verringern. Ziel ist es, den Tumor vollständig zu entfernen oder dauerhaft zu kontrollieren – bei möglichst geringen Nebenwirkungen. Ziel der vorliegenden Phase-3 Studie ist es, die Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit Hochrisiko-Neuroblastom weiter zu verbessern und die Überlebensrate zu erhöhen, während gleichzeitig die Nebenwirkungen der Therapie verringert werden sollen. Konkret untersucht die Studie in drei aufeinanderfolgenden Behandlungsphasen, welche Chemotherapie-Kombination zu Beginn (Induktion) am wirksamsten ist, ob eine einzelne oder doppelte Hochdosistherapie (Konsolidierung) bessere Langzeitergebnisse bringt, und welche Strahlendosis im Anschluss sinnvoll ist, um Rückfälle zu vermeiden. Zusätzlich wird überprüft, wie gut sich moderne Immuntherapien zur Rückfallvermeidung eignen. Die Zuteilung zu den einzelnen Behandlungsgruppen erfolgt per Zufallsprinzip (randomisiert). In der ersten Behandlungsphase, der sogenannten Induktionstherapie, erhalten die Patient*innen entweder das kurze, intensive Chemotherapie-Schema namens RAPID COJEC oder das etwas längeres Behandlungsschema nach GPOH. Beide Gruppen erhalten zusätzlich eine Immuntherapie mit Dinutuximab beta. Ziel dieser Phase ist es, den Tumor so weit wie möglich zu verkleinern. In der zweiten Phase, der sogenannten Konsolidierungstherapie, wird geprüft, welche Form der Hochdosis-Chemotherapie besser geeignet ist, um verbliebene Tumorzellen nach der Operation zu vernichten. Hierbei wird entweder eine einmalige Hochdosistherapie mit Busulfan und Melphalan (Bu-Mel) oder eine intensivere Doppel-Hochdosistherapie (Tandem-HDC) aus Bu-Mel plus Thiotepa verabreicht. Im Anschluss erfolgt in beiden Gruppen eine Stammzelltransplantation. In der dritten Behandlungsphase, der Strahlentherapie, wird untersucht, ob eine höhere Bestrahlungsdosis Vorteile bringt. Diese Phase betrifft nur die Kinder, bei denen nach Chemotherapie und Operation noch sichtbarer Tumor vorhanden ist. Verglichen wird eine Standardbestrahlung mit 21,6 Gray (Gy) gegenüber einer hochdosierten Bestrahlung mit insgesamt 36 Gy (einschließlich einer zusätzlichen Strahlendosis – dem sogenannten „Boost“ - auf das Tumorgebiet). Zusätzlich erhalten alle Patient*innen eine anschließende Erhaltungstherapie mit dem Antikörper Dinutuximab beta. Die Zuteilung zu den Gruppen der verschiedenen Behandlungsphasen erfolgt nach Alter, Stadium, MYCN-Status und Ansprechen auf vorherige Behandlungen im Rahmen der Studie. Der primäre Endpunkt der Studie ist das ereignisfreie Überleben (EFS) nach einem Jahr, also die Zeit nach der Behandlung ohne beispielweise Krankheitsrückfälle, Krankheitszunahme oder krankheitsbedingtem Versterben. Teilnehmen können Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene bis 21 Jahre mit neu diagnostiziertem Hochrisiko-Neuroblastom gemäß INRG-Definition. Ein Hochrisiko-Neuroblastom wird anhand bestimmter Kriterien diagnostiziert, die auf dem Alter der Patient*innen, dem Krankheitsstadium und biologischen Merkmalen des Tumors basieren. Die Hauptkriterien sind das Stadium M (metastasiertes Neuroblastom) bei Kindern über 12 Monate, Stadium Ms (metastasiertes Neuroblastom mit Knochenmarkbefall) bei Kindern ab 12-18 Monaten unabhängig vom MYCN-Status, oder Neuroblastom im Stadium L2, M oder Ms mit MYCN-Amplifikation. In Deutschland werden Patient*innen unter 18 Monaten mit Stadium M ohne MYCN-Amplifikation nicht in die HR-NBL2-Studie aufgenommen. Die Teilnahme ist möglich direkt vor Therapiebeginn oder bis zu 3 Wochen nach dem ersten Chemotherapiezyklus mit Carboplatin-Etoposid. Fakten: 1. Welche Erkrankung: Neuroblastom 2. Krebs Merkmale: als Hochrisiko klassifiziert, neu diagnostiziert, unbehandelt (Ausnahme: 1 Zyklus mit Carboplatin-Etoposid) 3. Was untersucht die Studie: Vergleich verschiedener Kombinationstherapien in verschiedenen Behandlungsphasen 4. Ziel der Studie: Verbesserung des 1-Jahres-ereignisfreien Überlebens (EFS) 5. Wie lange dauert die Studie: Einschluss bis etwa 2025, individuelle Therapiephasen dauern mehrere Monate, Nachbeobachtung bis zu 1 Jahr 6. Studienmerkmale: Phase-3-Studie mit drei sequenziellen Randomisierungen für verschiedene Behandlungsphasen
Durchführende Einrichtungen
Klinik für Kinder- und Jugendmedizin
Studienzentrum | Kinder- und Jugendonkologie
in Vorbereitung
Phase III
Geschlecht:
alle
Altersgruppe:
bis 21 Jahre
Therapielinie:
Erstlinie
Art der Studie:
Interventionell