Studienname: SIOPE ATRT01 / PAED-201601
Vergleich altersangepasster Therapien bei Kindern mit rhabdoiden Hirntumoren (ATRT)
Kurzbeschreibung
Atypisch teratoide/rhabdoide Tumoren (ATRT) sind sehr seltene, aggressive Hirntumoren im Kindesalter. Ihre Behandlung erfordert altersangepasste, individuell abgestimmte Therapiekonzepte. Vor allem für sehr junge Kinder ist eine Behandlung besonders schwierig, weil die üblichen Therapien – vor allem die Strahlentherapie – mit hohen Risiken für schwere Spätfolgen verbunden sind. Ziel der SIOPE ATRT01-Studie ist es, Kombinationen aus Chemo- und Strahlentherapie in verschiedenen Altersgruppen auf ihre Wirksamkeit und Verträglichkeit zu vergleichen und somit die Heilungschancen für betroffene Kinder zu verbessern und gleichzeitig die Nebenwirkungen der Behandlung so gering wie möglich zu halten. Teilnehmen können Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren, bei denen die Diagnose eines ATRT mit einer genetischen Veränderung im SMARCB1- bzw. SMARCA4-Gen bestätigt wurde.
Ablauf der Studie
Vorbedingungen
Diagnose:
Atypisch teratoider/rhabdoider Tumor (ATRT)
Therapielinie:
Erstlinie / bisher keine Therapie
Alter: 0 bis 18
Kriterien:
SMARCB1 oder SMARCA4-Mutation; unbehandelt
Zuordnung
Randomisierung
1:1
Durchführung
Beobachtung
Studienbeschreibung
Rhabdoide Tumore sind sehr aggressiv wachsende Krebserkrankungen, die unter anderem im zentralen Nervensystem entstehen können und dann atypische teratoide/rhabdoide Tumore (ATRT) genannt werden. Die Erkrankung betrifft vor allem Säuglinge und Kleinkinder in den ersten zwei Lebensjahren. Die genauen Ursachen für die Entstehung eines rhabdoiden Tumors sind bisher noch nicht vollständig verstanden. Bei fast allen Patient*innen liegt aber eine bestimmte genetische Veränderung vor. Betroffen ist das sogenannte SMARCB1-Gen, auch bekannt als INI1. Dieses Gen enthält den Bauplan für ein Protein, das für wichtige Abläufe in der Zelle zuständig ist – zum Beispiel dafür, dass sich Zellen richtig teilen und wachsen. Wenn das Gen verändert ist, kann dieses Protein nicht mehr gebildet werden. In der Folge gerät das Zellwachstum aus dem Gleichgewicht und Zellen können sich unkontrolliert vermehren, wodurch ein Tumor entstehen kann.
Bei der Behandlung des ATRT wird besonders darauf geachtet, die Therapie individuell an das Risiko und den Zustand des Kindes anzupassen. Ein wichtiger Einflussfaktor dabei ist das Alter des Kindes, da es darüber entscheidet, wie stark die Behandlung sein darf. Vor allem bei Kindern unter 3 Jahren bzw. unter 12 Monaten ist beispielsweise eine Strahlentherapie deutlich risikoreicher als bei Erwachsenen, weil sich ihr Körper noch in der Entwicklung befindet. Folglich kann eine Strahlentherapie nur eingeschränkt oder gar nicht eingesetzt werden. Auch andere Behandlungen wie Operationen oder Chemotherapien müssen bei sehr jungen Kindern vorsichtiger angewendet werden. Das Alter hat daher großen Einfluss auf die Behandlungsmöglichkeiten und somit die Heilungschancen.
Ziel der SIOPE ATRT01-Studie ist es, altersabhängige Behandlungsstrategien für Kinder mit einem atypisch teratoiden/rhabdoiden Tumor zu untersuchen. Dabei soll herausgefunden werden, welche Therapie in welchem Alter am besten wirkt und welche Nebenwirkungen auftreten. So sollen künftige Behandlungen wirksamer und besser verträglich werden. Die SIOPE-ATRT-01-Studie wird als sogenannte Umbrella-Studie („Regenschirm-Studie“) durchgeführt, weil sie mehrere unterschiedliche Therapieansätze gleichzeitig untersucht, die auf die individuellen Bedürfnisse und Voraussetzungen der Patient*innen abgestimmt sind. Diese Studienform eignet sich besonders gut bei seltenen und komplexen Erkrankungen wie dem ATRT. Unter dem „Regenschirm“ dieser einen Diagnose werden dann verschiedene Untergruppen gebildet – in diesem Fall nach dem Alter der Kinder, wobei jede Gruppe dann eine spezielle Therapie erhält.
Alle Patient*innen erhalten zu Beginn der Behandlung eine einleitende Chemotherapie (Induktionschemotherapie) nach dem EU-RHAB-Protokoll zur ersten Tumorverkleinerung. Anschließend wird je nach Alter, Tumorstadium und Eignung für bestimmte Therapien (bspw. körperliche Verfassung) entschieden, in welcher Studiengruppe das Kind weiterbehandelt wird. Kinder im Alter zwischen 12 und 35 Monaten werden zufällig einer von zwei Behandlungsgruppen zugeteilt. Gruppe 1 erhält dreimal eine Hochdosis-Chemotherapie (HDCT) mit Carboplatin und Thiotepa, gefolgt von der Rückgabe eigener Stammzellen, die zuvor gesammelt werden. Gruppe 2 erhält die aktuelle Standardtherapie, eine Kombination aus Strahlen- und Chemotherapie (Radiochemotherapie). In dieser Altersgruppe wird direkt verglichen, ob die HDCT genauso wirksam ist wie die bisher übliche Radiochemotherapie.
Das Ziel ist herauszufinden, ob man auf die Bestrahlung verzichten kann, ohne den Therapieerfolg zu verschlechtern.
Kinder unter 12 Monaten oder solche, die für eine Strahlentherapie nicht in Frage kommen, erhalten nach der Induktionschemotherapie ebenfalls eine dreimalige HDCT mit anschließender Stammzellrückgabe. Da sie nicht für den Vergleich mit anderen Studiengruppen geeignet sind, werden ihre Behandlungsergebnisse mit Daten früher behandelter Patient*innen verglichen. Kinder, die älter als 36 Monate sind oder die für eine HDCT nicht geeignet sind, z. B. wegen einer anderen Erkrankung, erhalten nach der Induktionschemotherapie eine Strahlentherapie in Kombination mit der Standard-Chemotherapie – auch hier erfolgt ein Vergleich mit bisherigen Behandlungsdaten.
Teilnehmen können Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren mit einem neu diagnostizierten ATRT und nachgewiesenem Verlust des SMARCB1- oder SMARCA4-Gens. Eine gute körperliche Verfassung – insbesondere ausreichende Organfunktionen – ist Voraussetzung. Ausgeschlossen sind Patient*innen, bei denen der Tumor in andere Körperregionen gestreut hat (Metastasen), vorheriger Tumortherapie oder schweren Vorerkrankungen.
Fakten:
1. Welche Erkrankung: atypisch teratoider/rhabdoider Tumor (ATRT)
2. Krebs-Merkmale: SMARCB1- oder SMARCA4-Mutation, unbehandelt, Patient*innen unter 18 Jahre (Zeitpunkt der Diagnose)
3. Was untersucht die Studie: altersabhängiger Vergleich von Hochdosis-Chemotherapie und Radiochemotherapie als Erhaltungstherapie
4. Ziel der Studie: Verbesserung der Überlebensrate bei möglichst geringen Spätfolgen, Entwicklung altersangepasster Behandlungsstandards
5. Wie lange dauert die Studie: keine genauen Angaben vorhanden
6. Studienmerkmale: Umbrella-Studie mit drei Altersgruppen, alle erhalten zunächst eine Induktionschemotherapie, dann Einteilung in drei Behandlungsgruppen nach Alter: zwischen 12-35 Monaten: 3x HDCT + Stammzellrückgabe vs. Radiochemotherapie (= Bestrahlung + Chemotherapie); unter 12 Monaten: 3x HDCT + Stammzellrückgabe, Vergleich mit historischen Daten; über 36 Monaten: Radiochemotherapie = Bestrahlung + Chemotherapie, Vergleich mit historischen Daten
Durchführende Einrichtungen
Klinik für Kinder- und Jugendmedizin
Studienzentrum | Kinder- und Jugendonkologie
offen
Phase III
Geschlecht:
alle
Altersgruppe:
von 0 bis 18 Jahre
Therapielinie:
Erstlinie
Art der Studie:
Interventionell
