Studienname: SIOP-HRMB
Vergleich verschiedener Bestrahlungsstrategien bei kindlichem Hochrisiko-Medulloblastom (3-21 Jahre)
Kurzbeschreibung
Die Therapie des Hochrisiko-Medulloblastoms im Kindesalter besteht standardmäßig aus einer Kombination aus Operation, Bestrahlung und Chemotherapie. Um die Heilungschancen weiter zu verbessern, werden neue Therapiekonzepte untersucht. Ziel der SIOP-HRMB-Studie ist es, zwei neue Therapiekonzepte mit der bisherigen Standardtherapie zu vergleichen: eine geänderte Form der Bestrahlung (sog. HART) oder eine Hochdosis-Chemotherapie mit Thiotepa gefolgt von einer normalen Strahlentherapie. Teilnehmen können Patient*innen mit der Diagnose eines Hochrisiko-Medulloblastoms zwischen 3 und 21 Jahren, die sich in einem guten Allgemeinzustand befinden und noch keine Therapie außer der Operation hatten.
Ablauf der Studie
Vorbedingungen
Diagnose:
Hochrisiko-Medulloblastom
Therapielinie:
Erstlinie / bisher keine Therapie
Alter: 3 bis 21
Kriterien:
unbehandelt; Hochrisiko-Typ
Zuordnung
Randomisierung
1:1
Durchführung
Beobachtung
Studienbeschreibung
Das Medulloblastom ist ein bösartiger Hirntumor, der vor allem im Kindes- und Jugendalter auftritt. Die Hochrisikoform des Medulloblastoms bezeichnet eine Variante dieser Krebserkrankung, bei der bestimmte Merkmale vorliegen, die mit einem erhöhten Risiko für Rückfälle und einem schlechteren Behandlungserfolg verbunden sind. Ein Medulloblastom gilt als Hochrisikoform, wenn zum Beispiel Tumorabsiedlungen (Metastasen) vorliegen, bestimmte aggressive Zellformen (großzellig/anaplastisch) erkannt wurden, relevante Tumorreste nach der Operation bestehen bleiben oder bestimmte genetische Veränderungen wie MYC- oder MYCN-Veränderungen oder eine SHH-Variante mit TP53-Mutation vorliegen. Diese Risikoeinstufung ist wichtig, weil sie darüber entscheidet, wie intensiv die Therapie sein muss. Hochrisiko-Patient*innen benötigen eine intensive Behandlung, die aus Chemotherapie, Strahlentherapie und Operation besteht. Die Notwendigkeit einer intensiveren Therapie, vor allem Strahlentherapie, kann gleichzeitig mit schweren Langzeitfolgen, etwa Einschränkungen der geistigen Entwicklung oder Wachstumsstörungen, einhergehen.
Ziel der SIOP-HRMB-Studie ist es, zwei neue Therapiekonzepte im Vergleich zur Standardtherapie zu untersuchen, mit Blick darauf, ob sie die Überlebenschancen der Patient*innen verbessern und gleichzeitig mögliche Langzeitnebenwirkungen reduzieren können.
Die Studie läuft in 2 Phasen ab. In Phase 1 erhalten alle Patient*innen nach vorangegangener Operation zunächst eine Einleitungs-Chemotherapie aus Carboplatin und Etoposid für einen Zeitraum von sechs Wochen. Danach wird per Zufallsprinzip (Randomisierung) eine von drei Strahlentherapie-Strategien ausgewählt: die Bestrahlung mit der Standarddosierung, eine sogenannte hyperfraktionierte-beschleunigte Bestrahlung (HART), bei der die Dosen zweimal täglich über eine kürzere Behandlungszeit verabreicht werden, oder die Bestrahlung in Standarddosierung in Kombination mit einer Hochdosis-Chemotherapie mit dem Wirkstoff Thiotepa. Bei der Hochdosis-Chemotherapie-Variante werden zusätzlich im Vorfeld Stammzellen aus dem Blut der Patient*innen gesammelt, die nach der intensiven Chemotherapie wieder zurückgegeben werden, um die Erholung des Knochenmarks und somit der Blutbildung zu unterstützen.
An Phase 2 der Studie können nur Patient*innen teilnehmen, die auch an Phase 1 teilgenommen haben. Es werden nun zwei Varianten einer Erhaltungs-Chemotherapie untersucht. Hierbei erfolgt die Zuordnung wieder zufällig. Die Patient*innen erhalten entweder die bisher gängige Chemotherapie-Kombination aus Cisplatin, Vincristin, Lomustin im Wechsel mit Cyclophosphamid und Vincristin, oder alternativ das Medikament Temozolomid. Die vier Medikamente der Kombinationschemotherapie wirken unterschiedlich – aber ergänzen sich in ihrer krebshemmenden Wirkung. Diese Kombination hat sich als sehr wirksam beim Hochrisiko-Medulloblastom erwiesen, ist aber mit Gesundheitsrisiken assoziiert. Temozolomid ist ein Medikament, das bereits zur Behandlung von Hirntumoren bei Erwachsenen eingesetzt wird. Für Kinder ist es bisher nicht zugelassen. Es gehört zur Gruppe der Chemotherapeutika und wirkt durch Hemmung der DNA-Bildung, wodurch sich die Krebszellen nicht mehr weiter vermehren können. Eine Einzeltherapie mit Temozolomid könnte eine patientenschonende Alternative darstellen, weil es deutlich besser verträglich ist. Es verursacht weniger Nebenwirkungen und kann, im Vergleich zur Standard-Chemotherapie, als Tablette gegeben werden. Dieser neue Chemotherapieansatz könnte also nicht nur mit weniger Nebenwirkungen verbunden sein, sondern möglicherweise ebenso wirksam oder sogar überlegen sein.
Teilnehmen können Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, bei denen ein Hochrisiko-Medulloblastom im Alter zwischen 3 und 21 Jahren neu diagnostiziert wurde. Es darf noch keine Tumorbehandlung erfolgt sein – außer in Ausnahmefällen eine kurzzeitige Chemotherapie mit Carboplatin und Etoposid, falls die Behandlung dringend begonnen werden musste. Nicht teilnehmen dürfen Personen, bei denen eine erbliche Genveränderung vorliegt, die mit einem erhöhten Risiko für Krebs verbunden ist. Patient*innen mit sehr großen Tumorresten nach der Operation (ohne weitere Hochrisikomerkmale) oder einer sehr weit fortgeschrittenen Metastasierung (M4) können ebenfalls nicht teilnehmen. Ebenso ausgeschlossen sind Patient*innen mit Tumoren im Hirnstammbereich.
Fakten:
1. Welche Erkrankung: Medulloblastom (bösartiger Hirntumor)
2. Krebs-Merkmale: neu diagnostiziert, Hochrisiko-Typ, unbehandelt, Patient*innen zwischen 3 - 21 Jahren
3. Was untersucht die Studie: Vergleich verschiedener Chemo- und Strahlentherapieformen für Induktions- und Erhaltungstherapien
4. Ziel der Studie: Verbesserung des Überlebens bei gleichzeitig geringeren Langzeitfolgen
5. Wie lange dauert die Studie: Gesamtzeit ca. 5 Jahre inkl. Nachbeobachtung
6. Studienmerkmale: zwei sequenzielle Randomisierungen: zuerst Testung unterschiedlicher Strahlentherapiekonzepte, im zweiten Teil dann Testung unterschiedlicher Chemotherapie-Erhaltungstherapien, die erste Phase hat drei Studienarme, die zweite Phase hat zwei Studienarme
Durchführende Einrichtungen
Klinik für Kinder- und Jugendmedizin
Studienzentrum | Kinder- und Jugendonkologie
offen
Phase III
Geschlecht:
alle
Altersgruppe:
von 3 bis 21 Jahre
Therapielinie:
Erstlinie
Art der Studie:
Interventionell
