Vorbedingungen
Studienname: ITCC-101/APAL2020D
Untersuchung des Medikaments Venetoclax bei Kindern mit erneut aufgetretener akuter myeloischer Leukämie (AML)
Kurzbeschreibung
Bei einem Rückfall oder unzureichendem Ansprechen auf die Therapie ist die Behandlung der akuten myeloischen Leukämie (AML) im Kindesalter weiterhin eine große Herausforderung. Ein neuer Ansatz kombiniert Chemotherapie mit dem zielgerichteten Wirkstoff Venetoclax, um resistente Leukämiezellen gezielter zu bekämpfen. Ziel der ITCC-101/APAL2020D-Studie ist es, zu überprüfen, ob eine zusätzliche Behandlung mit dem Bcl2-Inhibitor Venetoclax zur Hochdosis-Chemotherapie das Gesamtüberleben verbessern kann. Teilnehmen können Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von mindestens 29 Tagen und bis maximal 21 Jahren mit AML, die sich entweder im ersten Rückfall befinden und keine weitere Anthracyclin-Therapie erhalten können oder bereits einen zweiten Rückfall erlitten haben.
Ablauf der Studie
Vorbedingungen
Diagnose:
Akute myeloische Leukämie (AML)
Therapielinie:
Rezidiv / primär refraktär
Alter: 0 bis 21
Kriterien:
Erster Rückfall und keine weitere Anthrazyklin-Therapie möglich oder zweiter Rückfall; keine FLT3/ITD Mutation
Zuordnung
Randomisierung
1:1
Durchführung
Beobachtung
60 Monate
Studienbeschreibung
Akute Leukämien sind schnell fortschreitende, aggressive Krebserkrankungen, die aus unreifen weißen Blut- oder Knochenmarkszellen entstehen. Diese sogenannten Blasten verdrängen das gesunde Knochenmark, wodurch nicht mehr ausreichend funktionstüchtige Blutzellen gebildet werden. Typische Symptome sind Infektionen, Blutungsneigung, Leistungsabfall und Atemnot.
Bei der akuten myeloischen Leukämie (AML) sind Vorläufer der sogenannten myeloischen Zellreihe der Leukozyten verändert. Insgesamt ist die AML eine seltene Erkrankung – im Kindesalter allerdings die zweithäufigste Art von Blutkrebs (Leukämie). Die Erkrankung wird in verschiedene genetische Untergruppen eingeteilt, was für eine gezielte Therapieplanung entscheidend ist.
Die Therapie der AML umfasst in der Regel eine intensive Chemotherapie, die in mehrere Phasen unterteilt ist: Induktion, Konsolidierung und in bestimmten Fällen eine Erhaltungstherapie. Trotz intensiver Behandlung kommt es bei einem Teil der Patient*innen zu einem Rückfall (Rezidiv) oder zu einer Erkrankung, die auf die initiale Therapie nicht anspricht (refraktär). Bei Kindern mit rezidivierter oder refraktärer AML wird meist eine weitere intensive Chemotherapie begonnen. Dabei ist das Ziel die Erkrankung (erneut) zurückzudrängen, um wenn möglich, eine Stammzelltransplantation durchzuführen. Die eingesetzten Medikamente hängen dabei von der bisherigen Behandlung und dem Zustand der Patient*innen ab. Häufig wird hochdosiertes Cytarabin mit weiteren Wirkstoffen kombiniert. Wenn bestimmte Medikamente wie Anthracycline nicht mehr gegeben werden können, kommt ein anderes Chemotherapie-Schema zum Einsatz. Fludarabin, Cytarabin und Gemtuzumab-Ozogamicin bilden dabei eine häufig genutzte Kombination, die auch im Rahmen dieser Studie eingesetzt wird. Fludarabin und Cytarabin sind klassische Chemotherapeutika. Gemtuzumab-Ozogamicin ist eine Antikörper-Wirkstoff-Verbindung, die ein Zellgift direkt in die Leukämiezellen einschleust. Diese sogenannte Backbone-Chemotherapie bildet die Grundlage der Behandlung in dieser Studie und ist auch als Standardtherapie in dieser Situation empfohlen.
Da Rückfälle häufig durch resistente Leukämie-Stammzellen entstehen, ist es wichtig, auch die Ursachen dieser Resistenzen zu bekämpfen. Eine bekannte Ursache für Resistenzen ist die Überexpression des Proteins BCL-2, das den programmierten Zelltod, die sogenannte Apoptose, hemmt und somit das Überleben der Krebszellen begünstigt. Das Studienmedikament Venetoclax ist ein gezielter Hemmstoff von BCL-2. Es wird bereits erfolgreich bei anderen Leukämieformen eingesetzt. In dieser Situation ist es allerdings noch nicht zugelassen und der Einsatz somit experimentell.
Wenn nach der Chemotherapie keine Stammzelltransplantation möglich ist, wird eine Erhaltungstherapie eingesetzt, um die Krankheit möglichst lange unter Kontrolle zu halten und ein Fortschreiten zu verhindern. In dieser Studie wird in einem solchen Fall das Medikament Azacitidin verwendet.
Ziel der vorliegenden Phase-3-Studie ist es, zu überprüfen, ob durch die Zugabe von Venetoclax zur Standardtherapie die Überlebensrate der Patient*innen verbessert werden kann. Dafür werden Patient*innen zufällig (randomisiert) in zwei Gruppen eingeteilt. Beide Gruppen erhalten zunächst zwei Zyklen einer intensiven Chemotherapie bestehend aus Fludarabin, Cytarabin und Gemtuzumab-Ozogamicin, die eine Gruppe zusätzlich mit Venetoclax (Studiengruppe), die andere ohne (Kontrollgruppe). Ein Zyklus dauert insgesamt 42 Tage. Wenn danach keine Stammzelltransplantation möglich ist, folgt eine Erhaltungstherapie: in der Kontrollgruppe mit Azacitidin allein, in der Studiengruppe mit Venetoclax und Azacitidin. Die Studie ist nicht verblindet (offen), das heißt, sowohl ärztliches Personal als auch Patient*innen wissen, welche Therapie gegeben wird. Primärer Endpunkt der Studie ist das Gesamtüberleben, also die Zeitspanne, in der Patient*innen ab Studieneinschluss unabhängig vom Krankheitsverlauf am Leben bleiben. Patient*innen werden für bis zu 5 Jahre nach Studieneinschluss beobachtet.
An der Studie können Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit akuter myeloischer Leukämie teilnehmen, die zwischen 29 Tagen und 21 Jahren alt sind. Voraussetzung ist ein erster Rückfall, bei dem keine weitere Behandlung mit Anthracyclinen möglich ist, oder ein zweiter Rückfall. Auch Patient*innen, die bereits eine Stammzelltransplantation erhalten haben, können eingeschlossen werden. Ausgeschlossen sind hingegen Patient*innen mit einer FLT3/ITD-Mutation oder mit Down-Syndrom.
Fakten:
1. Welche Erkrankung: akute myeloische Leukämie (AML)
2. Krebs-Merkmale: rezidiviert oder refraktär, erster Rückfall und keine weitere Anthracyclin-Therapie möglich oder zweiter Rückfall, keine FLT3/ITD-Mutation
3. Was untersucht wird: Vergleich der Standard-Chemotherapie (Fludarabin, Cytarabin, Gemtuzumab-Ozogamicin) mit oder ohne Zusatz von Venetoclax
4. Ziel der Studie: Prüfen, ob die Zugabe von Venetoclax das Gesamtüberleben (Overall Survival) verbessern kann
5. Wie lange dauert die Studie: bis zu 5 Jahre
6. Studienmerkmale: Phase-3-Studie, randomisiert, nicht verblindet (offen), Venetoclax und Azacitidin gelten im Kindesalter in dieser Anwendung als experimentell
Durchführende Einrichtungen
Klinik für Kinder- und Jugendmedizin
Studienzentrum | Kinder- und Jugendonkologie
offen
Phase III
Geschlecht:
alle
Altersgruppe:
von 0 bis 21 Jahre
Therapielinie:
Rezidiv/Refraktär
Art der Studie:
Interventionell
