Studienname: FaR-RMS
Individuelle Behandlung von Rhabdomyosarkomen: Neue Medikamente, Strahlentherapien und Erhaltungskonzepte im Vergleich
Kurzbeschreibung
Rhabdomyosarkome (RMS) werden zu den bösartigen Weichgewebstumoren gezählt, einer Gruppe seltener Krebserkrankungen, die vor allem bei Kindern und Jugendlichen auftritt. Trotz intensiver Behandlung mit Chemotherapie, Operation und Strahlentherapie ist die Prognose vor allem bei Patient*innen mit hohem Rückfallrisiko oder bereits gestreuter Erkrankung weiterhin ungünstig. Deshalb werden neue Therapiekonzepte benötigt, die wirksamer und gleichzeitig besser verträglich sind. Ziel der FaR-RMS-Studie ist es, die individuelle Behandlung des Rhabdomyosarkoms zu verbessern, dazu werden viele Behandlungsmodalitäten untersucht und verglichen. Sie soll die Auswirkungen neuer Wirkstoffkombinationen bewerten, untersuchen, ob eine Änderung der Dauer der Erhaltungstherapie das Rückfallrisiko beeinflusst, und prüfen, ob Änderungen der Dosis, des Umfangs (bei metastasierter Erkrankung) und des Zeitpunkts der Strahlentherapie das Ergebnis und die Lebensqualität verbessern können. Teilnehmen können Patient*innen mit neu diagnostiziertem oder erneut aufgetretenem Rhabdomyosarkom (außer pleomorphes RMS). Je nach Krankheitsverlauf und Risikogruppe kann es sein, dass die Patient*innen im Verlauf in mehrere Studiengruppen aufgenommen werden, beispielsweise für unterschiedliche Behandlungsphasen. Für die verschiedenen Studiengruppen gibt es spezifische Teilnahmebedingungen und Altersgrenzen.
Ablauf der Studie

Vorbedingungen

Diagnose:
Rhabdomyosarkom

Therapielinie:
Unabhängig von Therapielinie

Alter: ohne Einschränkung

Kriterien:
Embryonaler oder alveolärer Typ

Zuordnung

Stratifizierung anhand von Markern + Randomisierung

Durchführung

IRIVA: Irinotecan + Ifosfamid + Vincristin + Actinomycin D

Sehr hohes Risiko (Very High Risk); Dosisfindung für Irinotecan + Testung der ermittelten IRIVA-Dosis für Phase 2 als Induktionstherapie

IVADO: Ifosfamid + Vincristin + Actinomycin D + Doxorubicin

Sehr hohes Risiko (Very High Risk); Induktionstherapie

IRIVA: Irinotecan + Ifosfamid + Vincristin + Actinomycin D

Hochrisiko (High Risk); Induktionstherapie

IVA: Ifosfamid + Vincristin + Actinomycin D

Hochrisiko (High Risk); Induktionstherapie

Präoperative Strahlentherapie

41.4 Gy oder 50.4 Gy vor der Operation

Postoperative Strahlentherapie

41.4 Gy oder 50.4 Gy nach der Operation

Strahlentherapie bei resektablen Erkrankungen: Hochdosis

50.4 Gy

Strahlentherapie bei resektablen Erkrankungen: Standarddosis

41.4 Gy

Strahlentherapie bei nicht-resektablen Erkrankungen: Hochdosis

59.4 Gy

Strahlentherapie bei nicht-resektablen Erkrankungen: Standarddosis

50.4 Gy

Strahlentherapie des Primärtumors und der befallenen Lymphknoten

Strahlentherapie aller Metastasierungsstellen

VC: Vinorelbin + Cyclophosphamid

Erhaltungstherapie

Keine Intervention - Behandlungsstopp

Die Behandlung wird zum Zeitpunkt der Randomisierung beendet.

VC: Vinorelbin + Cyclophosphamid

Erhaltungstherapie

Keine Intervention - Behandlungsstopp

Die Behandlung wird zum Zeitpunkt der Randomisierung beendet.

VIRR: Vincristin + Irinotecan + Regorafenib

Chemotherapie bei Rückfall

VIRT: Vincristin + Irinotecan + Temozolomid

Chemotherapie bei Rückfall

Beobachtung

36 Monate

Studienbeschreibung
Rhabdomyosarkome (RMS) gehören zur Gruppe der Weichgewebstumoren, die aus sogenannten embryonalen mesenchymalen Zellen entstehen. Diese Zellen sind noch nicht vollständig ausgereift und besitzen somit die Eigenschaft, sich in die verschiedenen Zelltypen des Bindegewebes, wie Knochen-, Knorpel-, Fettzellen – oder wie im Fall von RMS – in Muskelzellen differenzieren zu können. Bei einem RMS kommt es zu einer Entartung dieser Zellen, wodurch sie sich ungebremst vermehren und einen Tumor bilden. RMS können an verschiedenen Körperstellen entstehen, da die embryonalen mesenchymalen Zellen im gesamten Körper vorkommen können. Die häufigsten Lokalisationen sind jedoch Kopf, Hals, Urogenitaltrakt und Extremitäten. Es gibt verschiedene histologische Typen von RMS, darunter das embryonale, alveoläre und pleomorphe RMS, die sich im Wachstumsmuster und in ihrer Aggressivität unterscheiden. Während bei Kindern embryonale und alveoläre RMS dominieren, stehen bei Erwachsenen die pleomorphen RMS im Vordergrund. Die Therapie von embryonalen und alveolären RMS umfasst eine Kombination aus Operation, Chemotherapie und Strahlentherapie, wobei die genaue Vorgehensweise von verschiedenen Faktoren wie Tumorstadium, -lokalisation und Alter der Patient*innen abhängt. Die Behandlung des RMS umfasst in der Regel eine operative Entfernung des Tumors. Ist eine vollständige Entfernung nicht möglich, wird eine Chemo- und/oder Strahlentherapie eingesetzt, um den Tumor zu verkleinern. Je nach Risikogruppe (z. B. Lokalisation, Tumorabsiedlungen, genetische Merkmale) wird die Intensität der Behandlung angepasst. Patient*innen mit alveolärem RMS oder einer bestimmten genetischen Mutation – einer sogenannten PAX-FOXO1-Fusion – gelten als Hochrisiko-Tumoren und erhalten eine intensivere Behandlung. Trotz intensiver Standardbehandlung ist die Heilungsrate bei Rhabdomyosarkomen – insbesondere bei fortgeschrittener Erkrankung oder Rückfall – noch immer schlecht. Außerdem ist die bisherige Behandlung stark standardisiert, wodurch individuellere Behandlungsansätze auf Basis von Risikofaktoren wie Tumorbiologie (z. B. PAX-FOXO1-Fusion) oder Ansprechen auf die Therapie (z. B. Kontroll-Bildgebung mittels Positronen-Emissions-Tomographie) weiterentwickelt werden müssen, um Hochrisikopatient*innen intensiver und Niedrigrisikopatient*innen schonender behandeln zu können. Aktuell ist noch unklar, ob eine Erhaltungstherapie nach der Hauptbehandlung tatsächlich Rückfälle verhindern kann. Ziel der vorliegenden Phase-1/2-Studie ist es, die Wirksamkeit der Behandlungen zu verbessern, unnötige Nebenwirkungen zu vermeiden und die langfristige Heilungschance zu steigern. Sie soll die Auswirkungen neuer Wirkstoffkombinationen sowohl bei neu diagnostiziertem als auch bei rezidiviertem RMS bewerten, untersuchen, ob eine Änderung der Dauer der Erhaltungstherapie das Ergebnis beeinflusst, und prüfen, ob Änderungen der Dosis, des Umfangs (bei metastasierter Erkrankung) und des Zeitpunkts der Strahlentherapie das Ergebnis und die Lebensqualität der Patient*innen verbessern können. Die FaR-RMS-Studie ist in mehrere Behandlungsabschnitte (sogenannte „Module“) mit mehreren Vergleichsgruppen unterteilt. Durch diese Aufteilung ermöglicht die Studie eine sehr gezielte Untersuchung verschiedener Behandlungsansätze – jeweils angepasst an die individuelle Risikosituation der Patient*innen. In jeder Gruppe wird eine neue Therapie mit der bisherigen Standardbehandlung verglichen. Je nach Krankheitsstadium und Risikoprofil werden die Patient*innen einer passenden Gruppe zugeordnet. In der Studie wird die Risikostratifizierung durch die Verwendung des PAX-FOXO1-Fusionsgenstatus anstelle der bisherigen mikroskopischen Subtypisierung durchgeführt. Modul 1: Dosisfindung der Studien-Induktionstherapie Die Standard-Chemotherapie bestehend aus Ifosfamid, Vincristin und Actinomycin D wird durch das Studienmedikament Irinotecan erweitert. Das Medikament ist bisher nur für andere Krebsarten und nicht spezifisch für RMS zugelassen. In der Phase 1b der Studie wird die Dosis des Medikaments schrittweise gesteigert, um die maximal verträgliche Dosis zu finden, welche im anschließenden Modul weiterführend untersucht wird. Modul 2: Induktionstherapie bei Patient*innen mit sehr hohem Risiko (CT1A) und hohem Risiko (CT1B): Hier wird untersucht, ob die Ergänzung der Standard-Chemotherapie durch das Medikament Irinotecan die Wirksamkeit der Behandlung erhöhen kann. Pro Risikogruppe (CT1A bzw. CT1B) werden zufällig (randomisiert) zwei Gruppen gebildet. Die Kontrollgruppen erhalten die bisherige Standardtherapie (CT1A: Ifosfamid, Vincristin, Actinomycin D und Doxorubicin; CT1B: Ifosfamid, Vincristin und Actinomycin D). Die Studiengruppen erhalten zusätzlich zur Standardtherapie das Medikament Irinotecan (CT1B) bzw. Irinotecan wird anstelle von Doxorubicin verabreicht (CT1A). Ziel dieses Moduls ist es, durch die Hinzunahme von Irinotecan das Rückfallrisiko zu senken. Modul 3: Strahlentherapie-Vergleich (RT1A, RT1B, RT1C): Die Wirksamkeit unterschiedlicher Strahlendosen und -zeitpunkte wird geprüft. Bei Patient*innen mit hohen Rückfallrisiko (RT1A) wird die Strahlentherapie in der Studiengruppe vor der Operation und in der Kontrollgruppe nach der Operation durchgeführt. Bei vollständig entfernbaren Tumoren (RT1B) wird die Standarddosis mit einer höheren Dosis verglichen (41,4 Gy vs. 50,4 Gy). Bei nicht operierbaren Tumoren (RT1C) wird geprüft, ob eine Hochdosisbestrahlung (59,4 Gy) effektiver ist als die Standarddosis (50,4 Gy). Modul 4: Ziel der Strahlung (RT2): In diesem Modul wird untersucht, ob es ausreicht, nur den Primärtumor und befallene Lymphknoten zu bestrahlen – oder ob auch alle sichtbaren Metastasen bestrahlt werden sollten. Dies könnte die Heilungschancen bei streuender Erkrankung verbessern. Modul 5: Erhaltungstherapie nach Abschluss der Hauptbehandlung (CT2A & CT2B): Ziel ist es zu prüfen, ob eine Erhaltungstherapie mit Vinorelbin und Cyclophosphamid das Rückfallrisiko weiter senkt. Patient*innen werden innerhalb ihrer Risikogruppe (CT2A oder CT2B) erneut zufällig in zwei Gruppen eingeteilt und erhalten entweder diese Erhaltungstherapie (Studiengruppe) oder beenden die Behandlung an diesem Punkt (Kontrollgruppe). Die Medikamentenkombination wird bereits im Rahmen von Studien in der Erhaltungstherapie des RMS eingesetzt. Vinorelbin ist hierfür noch nicht zugelassen und Cyclophosphamid wird standardmäßig im Rahmen einer Erstlinientherapie beim RMS verwendet. Modul 6: Rückfallbehandlung (CT3): Bei einem Rückfall wird untersucht, ob die Ergänzung der Standard-Chemotherapie mit Regorafenib, einem zielgerichteten Medikament, die Rückfalltherapie verbessern kann. Das Studienmedikament ist bereits für andere Krebsarten, jedoch noch nicht für RMS zugelassen. Verglichen werden zwei zufällig aufgeteilte Gruppen: die Kontrollgruppe erhält die Standardbehandlung VIRT (Vincristin, Irinotecan und Temozolomid) und die Studiengruppe erhält die neue Kombinationstherapie VIRR (Vincristin, Irinotecan und Regorafenib). Teilnehmen können Patient*innen mit einem neu diagnostizierten oder wieder aufgetretenen histologisch gesicherten Rhabdomyosarkom (RMS) – außer pleomorphes RMS. Weitere spezifische Voraussetzungen hängen davon ab, in welchen Abschnitt der Studie die Patient*innen aufgenommen werden – etwa bei Erhaltungstherapie oder Rückfall. Neu diagnostizierte Patient*innen sollten nach Möglichkeit zum Zeitpunkt der Erstdiagnose vor Beginn einer Chemotherapie in die FaR-RMS-Studie aufgenommen werden, können jedoch auch zum Zeitpunkt der Strahlentherapie oder Erhaltungstherapie aufgenommen werden. Wenn Patient*innen mit Rückfällen (Rezidiven) bei der Erstdiagnose nicht in die Studie aufgenommen wurden, dürfen sie trotzdem aufgenommen werden. Je nach Risikogruppe und Krankheitsstatus können die Patient*innen in mehr als eine Randomisierungsgruppe aufgenommen werden. Fakten: 1. Welche Erkrankung: Rhabdomyosarkom (RMS) 2. Krebs-Merkmale: Embryologischer oder alveolärer Subtyp, neu diagnostiziert oder Rückfall, Vortherapien sind kein Ausschlusskriterium 3. Was untersucht die Studie: unterschiedliche Therapiekombinationen und -dauer (Chemo-, Strahlentherapie, neue Medikamente) 4. Ziel der Studie: Verbesserung des ereignisfreien Überlebens (Vermeidung von Rückfall, Fortschreiten oder Tod) 5. Wie lange dauert die Studie: voraussichtliches Studienende: Juni 2030, einzelne Therapiephasen dauern zwischen Wochen und Jahren, Nachbeobachtung bis zu 3 Jahre 6. Studienmerkmale: mehrarmig, Randomisierung nach alters- und risikoadjustierten Gruppen, offen (nicht verblindet), Phase 1b/2 mit adaptivem Studiengruppen und biomarker-basierter Risikostratifikation
Durchführende Einrichtungen
Klinik für Kinder- und Jugendmedizin
Studienzentrum | Kinder- und Jugendonkologie
in Vorbereitung
Phase I
Phase II
Geschlecht:
alle
Altersgruppe:
ab 0 Jahren
Therapielinie:
nicht angegeben
Art der Studie:
Interventionell